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Was Mutter-Sein mich lehrt

Man lernt im Leben nie aus und ich persönlich möchte immer noch dazu lernen und mich weiter entwickeln, wenn ich einmal achzig Jahre alt bin und auf mein Leben schon ein Stück zurück schauen kann. Auf meinem Weg als Mutter gibt es tausend Möglichkeiten dazu zu lernen und zu wachsen, in jeder Hinsicht. Ein paar der wichtigsten Lektionen, die ich gerade lerne, möchte ich gern mit euch teilen.

 

Der Mensch ist erstaunlich anpassungsfähig:

Hätte man mich vor der Geburt meiner Tochter gefragt, ob ich bereit wäre Nachtschichten zur arbeiten, hätte ich definitiv mit "Nein!" geantwortet. Das würde ich auch immer noch tun, trotzdem schiebe ich Nachtschichten und überlebe es. Eine Zeit lang konnte ich meinen verpassten Schlaf noch nicht einmal tagsüber nachholen. Auch das war für eine Phase auszuhalten. Die Frage ist immer wofür ich etwas tue und manchmal ist es auch hilfreich keine andere Wahl zu haben. Dann finden sich Wege, wie man den Schlaf nachholen kann, wie man für sich selbst sorgen kann, ohne viel Zeit zu benötigen oder man fragt sich nicht jeden Morgen, ob man mit der Frisur aus dem Haus gehen kann, sondern tut es einfach. Es ist trotzdem wichtig auch wieder etwas "Normalität" zu erleben, aber zu lernen flexibel in meinen Bedürfnissen und Vorstellungen vom Leben zu sein, hilft mir als Mutter auch enorm. Manchmal ist es für mich Einstellungssache, ob ich mit einer herausfordernden Situation umgehen kann. Vor kurzen beschloss meine Tochter, die gerade einen Entwicklungsschub durchmachte, bis zwei Uhr morgens wach zu bleiben. Zuerst war ich total müde, genervt und mein Mann hat unsere Tochter genommen, weil ich mich einfach nicht aufraffen konnte. Erst als ich meine Erwartungen hinterfragt habe und mir selbst immer wieder vor Augen hielt, dass unsere Tochter noch zu klein ist, um uns mit Absicht wach zu halten, konnte ich ihr wieder mit Geduld und Liebe begegnen und auch die ungewissen Wachstunden recht fröhlich spielend überstehen. Schließlich hatte ich auf Parties schon viel länger durchgehalten. 

 

Jedes Kind, jede Mama ist anders:

Viele Mütter tauschen sich gern und viel aus, wie es ihnen gerade geht, was das Baby gerade macht, was die Herausforderungen sind etc.. Das kann eine Quelle der Kraft und ein Ventil in Zeiten der Herausforderung sein. Leider fehlt uns dabei aber auch manchmal die Gelassenheit, uns nicht mit anderen Müttern oder die Kinder miteinander zu vergleichen. Mir wird immer wieder bewusst, wie unterschiedlich Kinder und Situationen sind, in denen wir sie aufziehen. Jede Familie ist individuell und nur weil mir etwas wichtig ist, kann ich nicht erwarten, dass eine andere Mutter das genauso sieht. Wir können sicher viel voneinander lernen und uns unterstützen, aber stehen lassen sollten wir uns immer. Wir stecken ja doch nicht drin in der Situation, die die andere Tag täglich erlebt.

 

Ich möchte nichts für selbstverständlich nehmen und Zeiten der Ruhe genießen:

Ohne Kind waren für mich und für uns als Ehepaar viele Dinge selbstverständlich: eine warme Mahlzeit am Tag, die man auch ohne Stress aufessen durfte, Durchschlafen (wenn man sich nicht selbst wachgehalten hat), ach ja und außerdem Durchschlafen (!!!), das Wochenende zur freien Verfügung zu nutzen, beide Hände frei haben, um etwas zu erledigen, eine ganze Betthälfte für sich haben, shoppen gehen, eine Unterhaltung mit Freunden führen, ohne dabei in Gedanken zu überlegen, wann das Kind wieder Hunger haben könnte und wie man am besten strategisch vorgeht, damit das Kind sich trotz "langweiliger Erwachsenenunterhaltung" noch weiter wohl fühlt, einen Film von vorn bis hinten anschauen, etwas am Laptop erledigen, entspannt duschen, sich in Ruhe über Streitpunkte austauschen etc.. Sicher können alle Eltern die Liste beliebig erweitern. Fakt ist, viele Alltagsdinge sind nicht mehr selbstverständlich und wenn ich Gelegenheit habe sie zu tun, dann koste ich diese Augenblicke innerlich aus. Sie sind mir so wertvoll, wie nie zuvor. Ja, sogar in Ruhe geführte Diskussionen können da etwas echt Gutes sein. Ich nehme die Welt bewusster und oft auch dankbarer wahr, weil ich weiß morgen kann eine ganz andere Phase anbrechen. Manchmal ertappe ich mich aber dabei, wie ich in freien Minuten nur an den Haushalt denke, anstatt mit meinem Mann in Ruhe zu reden oder schon wieder Vorbereitungen für den nächsten Tag zu treffen, anstatt einfach mal kurz sitzen zu bleiben und durchzuatmen. Das sind aber wichtige Momente, die mir Kraft schenken können, für herausfordernde Zeiten. Das muss ich mir immer wieder bewusst sagen. Nur weil ich mich jetzt nicht müde fühle, heißt das nicht, dass ich mich nicht in einer Stunde total erschöpft fühlen kann. Also einfach mal die Seele baumeln lassen! Das muss ich mir immer wieder sagen. Und dann eben auch die Zeiten mit dem Kind gemeinsam genießen. Nicht nur darauf zu warten, dass es endlich einschläft oder irgendwann einmal zur Schule geht, sondern das Lachen genießen, das es mir gerade schenkt, die Fortschritte, die es jeden Tag macht, bewusst wahrnehmen und mir sagen: diese Zeit prägt mein Kind und unsere Beziehung wie keine andere! Gestalte sie!! 

 

Prioritäten setzen:

Schon am Morgen beginne ich zu überlegen: Ich habe jetzt noch ein paar Stunden, bis mein Kind wieder müde wird, was mache ich zuerst? Das lehrt mich Prioritäten zu setzen, das Notwendigste zuerst zu tun. Ich könnte vielleicht abwaschen, aber ohne Mittagessen werde ich ungenießbar, also das zuerst, dann den Abwasch beginnen und dann kann ich schauen wie viel Zeit mir bleibt. Organisation ist das halbe Leben einer Mutter. Sie hat keine Zeit sich lang mit Unwichtigem zu beschäftigen. Das entschlackt das Leben automatisch von unnötigen Dingen. Doch auch die Frage: Was sind meine Prioritäten im Leben? kommt automatisch auf. Was möchte ich wirklich mit meiner kostbaren Zeit anfangen? Die Antworten dazu muss ich Stück für Stück selbst finden. 

 

Loslassen:

Ich bin ein Mensch, der gern weiß was am Tag kommt, sich einen Tagesablauf zurecht legt und diesen dann auch möglichst einhält. Ich liebe es hinter eine Aufgabe einen Haken zu machen und zu wissen, dass sie erledigt ist. Ziemlich bald ist mir klar geworden, dass das mit Kind nicht so einzuhalten ist. Kinder wachen ständig zu anderen Zeiten auf, wollen zu unterschiedlichen Zeiten trinken, immer etwas anderes spielen und haben ganz unterschiedliche Stimmungen. Sie sind eben auch ganz individuelle Wesen und Menschen, wie jeder andere auch. Schnell wurde mir klar, dass es mich am meisten frustriert, wenn ich versuche meinen Tagesplan auf Biegen und Brechen durchzuziehen und meine gesetzten Aufgaben unbedingt zuende führen zu müssen. Das tat anfangs richtig weh und immer wieder musste ich mich selbst zum Loslassen zwingen. Worum ging es mir? Um meine Tochter oder um meinen Plan? Um ihre Bedürfnisse oder meinen Haushalt? Wenn mein Tagesplan wichtiger ist als mein Kind, dann stimmt etwas nicht mit mir, so habe ich mir oft gesagt. Dann muss ich etwas an meiner Einstellung ändern. Nicht immer leicht, aber ich lerne. Inzwischen merke ich, dass meine Tochter fröhlich ist und zufrieden, wenn sie merkt, dass ihr Bedürfnisse konsequent gestillt werden, wenn auch nicht immer sofort. Also, ist es auch für mich der Lohn immer mal etwas stehen und liegen zu lassen: ein glückliches Kind.

 

Maria vor Martha:

Es gibt Zeiten, in denen der Haushalt auf dem Kopf steht. Dann muss dringend das Bad geputzt werden, die Mülleimer quellen über und in den Wäschekörben stapelt sich die Wäsche. Geplant wie ich bin, versuche ich mir jeden Tag etwas vorzunehmen, um dem Haushalt Herr oder besser Frau ;-) zu bleiben. Doch dann möchte meine Tochter vielleicht länger trinken, hat einen weinerlichen Tag oder will nicht ständig von einer Ecke der Wohnung in die nächste geschleppt werden, sondern einfach mal raus. Dann versuche ich inzwischen den Haushalt einfach Haushalt sein zu lassen oder nur das Nötigste zu machen und den Rest auf später zu verschieben, um für meine Tochter da sein zu können. Was nützt es, wenn eine blitzsaubere Wohnung habe, aber die Beziehung zu meiner Tochter dabei zu kurz kommt? Gibt mir jemand die Zeit mit ihr zurück? Nein! Jetzt und heute ist der Zeitpunkt für sie da zu sein und ihr zu zeigen, dass sie wichtig und wertvoll für mich ist. 

 

Von Umständen unabhängige Ruhe und innerer Frieden:

Meine Tochter schläft oft erst kurz bevor wir ins Bett gehen ein und trinkt ihre Schlafzeiten am Tag manchmal einfach durch, da bleibt mir oft nicht viel Zeit allein. Oft denke ich dann: ich bräuchte jetzt mal wieder ein paar Minuten für mich, dann bin ich wieder ausgeglichener und ruhiger. Das ist auch hilfreich und zehn Minuten allein zu sein, können Wunder wirken, an einem stressigen Tag, aber ob ich mich wohlfühle und innerlich gelassen bin, hat nach meiner Erfahrung oft etwas damit zu tun, ob ich Gott mitnehme in meinen manchmal anstrengenden Alltag. Ein Stoßgebet am Morgen oder ein kurzes Gebet mit meiner Tochter zusammen in einer konfliktreichen Situation schenken mir oft mehr Kraft, als eine Stunde allein vorm Fernseher. Die Haltung: Was kann ich mit Gott heute erleben? und ein offenes Ohr für sein Reden schenken mir mehr Freude und Gelassenheit, als ein schönes warmes Bad. Seine Liebe jeden Tag neu aufzunehmen macht mich stark und wenn ich mal wieder unruhig bin, hilft es mir oft, mich zu fragen: Hast du Gott heute mit hinein genommen? Lässt du ihn machen oder funktionierst du nur und versuchst alles unter Kontrolle zu behalten? Denn dann läuft etwas nicht wie es soll und schon bin ich mal wieder total gestresst und genervt von allem. Ich versuche inzwischen einmal pro Tag ein paar Minuten Gebets- und Auftankzeit in den Alltag einzubauen und sei es im Bad, während ich mich fertig mache. Gott hört zu, ob beim Zähne putzen, während ich meine Tochter beim Schaukeln anschiebe oder wenn ich den Geschirrspüler ausräume - wertvolle Zeiten, in denen ich mal wieder mein ganzes Herz Gott ausschütten darf. Und manchmal entdecke ich mich, wie ich danach fröhlich einen Worshipsong summe.

  

Geduld, Geduld, Geduld...:

Wenn ich Gott um etwas bitten dürfte, was er mir garantiert sofort schenken würde, wäre es Geduld! Ich bin kein sehr geduldiger Mensch. Ich möchte Entscheidungen möglichst schnell und ohne viel Aufwand treffen, ich habe mir schon kurz nach der Geburt gewünscht, dass meine Tochter bald groß wird und wenn ich etwas beginne und merke, es dauert zu lang oder bedeutet mehr Aufwand, gebe ich schnell auf. Wie sehr trainiert und fordert mich Gott nun heraus als Mutter!! Ich darf jeden Tag lernen mit mir und meiner Umgebung geduldig zu sein. Manchmal höre ich Gott fast seufzen: "Ach ja, da fehlt dir wohl mal wieder etwas Geduld." Also versuche ich mich immer mal zu fragen: Warum nervt dich das? Ist die Antwort: Weil es mich Geduld kostet. Dann muss ich eben lernen mich zu entspannen und mich über kleine Fortschritte freuen lernen. Meine Tochter beschäftigt sich nun schon einige Zeit allein, ich muss sie nicht mehr so viel tragen, was für tolle Fortschritte!! Ich muss nicht ständig in der Zukunft sein mit den Gedanken und hoffen, dass es besser wird. Ich darf heute einfach so stehen lassen wie heute eben ist und mich nicht unter Druck setzen anders oder besser zu sein. Es kommt, jeden Tag ein kleines Stück. Trotzdem ist und wird vermutlich dieser Bereich mein absolutes Lernfeld bleiben.  

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Josua (Sonntag, 22 September 2019)

    Es ist interessant, wie viel die Erfahrungen einer jungen Mutter auch einen jungen Studenten für das Leben lehren kann ;)

  • #2

    augustblüten (Samstag, 28 September 2019 12:35)

    Es freut mich sehr, dass du etwas von meinem Artikel mitnehmen konntest!